Das Jahr 2023 war für unseren Gemeinschaftsgarten “Ab geht die Lucie” ein ereignisreiches Jahr voller Herausforderungen wie auch Erfolge. Trotz einer Reihe von Hindernissen konnten wir ein weiteres Jahr gemeinsam als Gemeinschaft wachsen und unseren Garten weiterentwickeln. Das Angebot des Gärtnerns war weiterhin ein zentrales Element unseres Gartenlebens, wobei wir uns vor allem sonntags trafen, aber auch dienstags und donnerstags morgens Zeit für unsere grüne Stadtoase nahmen. Unsere regelmäßigen Plena (alle zwei Wochen), dienten als wichtiger Treffpunkt für Diskussionen wie auch Entscheidungen. Über das Jahr hinweg von April bis Oktober organisierten wir insgesamt sieben sehr erfolgreiche Flohmärkte. Ein bedeutender Teil des Jahres war dem Umgestaltungsprozess unseres Gartens gewidmet: Nach langen Planungen im Rahmen des “10 Jahre Lucie”-Festivals machten wir uns daran, unsere Ideen in die Tat umzusetzen. Dabei wurden wir zunächst von extremer Hitze und später von Dauerregen herausgefordert. Trotz dieser Widrigkeiten schritten wir voran und setzten unsere Visionen im Laufe des Jahres um.
WINTER: Beerensträucher & Saisonstart
Zum Beginn des neuen Jahres pflanzten wir im Januar gespendete Beerensträucher, um unseren Naschgarten weiter zu bereichern. Im Februar feierten wir den offiziellen Saisonstart und begrüßten das neue Gartenjahr mit Enthusiasmus an einem Aktionstag.
FRÜHLING: Kompost, Holzhackschnitzel, Pferdemist; Gemeinschaftsaktionen; Saatgut- und Pflanzentauschbörse
Im März widmeten wir uns trotz widriger Wetterbedingungender Pflege unseres Komposts und tauschten Saatgut aus. Außerdem wurde ein Trinkwasserspender unten auf dem Lucie-Fechtmann-Platz errichtet, worüber wir, aber auch der Szenetreff sich sehr freute.
Im April erhielten wir zwei riesige Portionen Holzhackschnitzel zum Mulchen unserer Beetwege und Sträucher, holten Pferdemist von einer befreundeten Landwirtin und verteilten ihn auf unseren Beeten, damit unsere Gemüsepflanzen für das Jahr gut mit Energie versorgt sind. Zudem nahmen wir an der Aktivoli Freiwilligenbörse im Bremer Rathaus teil und akquirierten einige neue Gesichter für das Gärtnern auf der Lucie. Außerdem kooperierten mit der Klimaschutzkampagne #senkmit für einen Pflanzentausch im Klima Bau Zentrum. Währenddessen wurde der Bauzaun als Vorbereitung unserer großen Umgestaltung mit Baumrausch im Mai installiert, während wir die ersten vorgekeimten Kartoffeln des Jahres in die Gemüsebeete setzten.
Im Mai fand unsere große und lang geplante Umgestaltung statt: An drei Mitmachtagen gestalteten wir eine artenreiche Hügellandschaft im vorderen Bereich des Platzes und pflanzten über 800 Stauden, 16 Gehölze und 2 Bäume, bauten 4 Trockenmauern und erhielten einen neuen, großen Sandkasten mit Spielelementen. Außerdem zogen wir unsere Bühne von der ent- auf die versiegelte Fläche, um Platz für weitere essbare Sträucher zu machen und holten uns weitere Gesichter auf die Lucie beim Kennenlerntag, u.a. zum Frühlingsgärtnern und zur Pflanzentauschbörse. UND: Wir freuen uns über nun 1.500 Abonnent*innen auf unserem Instagram Profil und so mit verstärkter Reichweite auch außerhalb von Bremen Vorbild sein zu können für partizipative Stadtentwicklung und Mitgestaltung von urbanen Flächen.
SOMMER: Jubiläum, Sommerpause bzw. Festivalplanung, Stadtevents, Umweltaktionen, Tour de Verkehrswende und 10 Jahre Lucie Festival
Der Juni war geprägt von unserem internen Jubiläum am 2.6. (offizieller Lucie Geburtstag) mit Pizza und erfrischenden Kaltgetränken, grünen Stadtevents wie der Bremer Woche des Gartens, an dem wir mit Upcycling-Aktionen teilnahmen, und Umweltaktionen wie dem stadtweiten Kippenmarathon der Bremer Stadtreinigung, bei dem wir bzw. die Neustadt den 6. Platz belegte mit 6,2kg gesammelten Zigarettenstummeln und uns somit über ein tolles Preisgeld für unseren Verein freuen konnten.
Im Juli gönnten wir uns eine gärtnerische, schöpferische Sommerpause, um uns intensiv der Planung unseres Festivals im September zu widmen.
Im August besuchten uns die Radelnden der Tour de Verkehrswende, zu diesem Anlasse besuchte uns auch die Senatorin für Verkehr und Bau, Öslem Ünsal.
Im September feierten wir das 10-jährige Jubiläum unseres Gartens mit einem bunten dreitägigen Festival, das von Nachbarschaftsessen über Workshops, Kinder-, Kunst- und Musikprogramm bis zu unserem Flohmarkt reichte. Die große Menge an Besucher:innen aus der Nachbarschaft, der Neustadt und ganz Bremen und Umgebung zeigte uns, welch große Bedeutung unser Projekt mittlerweile trägt!
HERBST und WINTER: Gärtnern, Winterbasar, Saisonabschluss, Reflexion und Planung
Im Oktober widmeten wir uns herbstlichem Gärtnern und organisierten einen Aktionstag.
Im November schlossen wir die Gartensaison mithilfe von Freiwilligen der Organisation NaturKultur e.V. ab und verteilten Pferdemist zur Bodenverbesserung.
Der Dezember stand im Zeichen unseres Winterbasars und einer internen Weihnachtsfeier, bei der wir das vergangene Jahr reflektierten und uns auf das kommende Jahr freuten.
Verdrängung der Drogenszene und unsere Herausforderungen
Parallel zu unseren Angeboten im Garten mussten wir uns vor allem mit der Verdrängung der Drogenszene vom Hauptbahnhof und ihren Auswirkungen auf den Lucie-Flechtmann-Platz auseinandersetzen. Die extreme Präsenz von Suchterkrankten auf unserem Platz stellte das ganze Jahr über eine große Herausforderung dar. Seit Herbst 2022 stieg die Präsenz von Suchterkrankten auf unserem Gelände stark an, mit bis zu 40 Personen gleichzeitig und über 150 pro Tag. Diese Situation verhinderte nicht nur unsere Umweltbildungsaktivitäten, sondern brachte auch Sicherheitsprobleme mit sich. Unser Engagement in sämtlichen Beiratssitzungen und der Einsatz an den Runden Tisch dienten dazu, unsere Anliegen zu platzieren, den Menschen, die als „Junkies“ diskreditiert werden, in Kooperation mit anderen Organisationen eine Stimme zu geben und langfristige, ernstgemeinte Lösungen zu finden. Die Berichterstattung in der Presse (größtenteils im Weser-Kurier bzw. Stadtteilbeilage des WK), die die Auswirkungen der verfehlten Bremer Drogenpolitik aufgriffen, dokumentierten unsere Bemühungen (5.6., 27.8., 28.8., 30.8., 3.9., 19.10., 30.11., …). Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse: Es brannte mehrmals auf dem Turm (18.04.). Einen Monat später, nach wir unser erstes Forderungspapier erstellten (11.5.), wurde das Hilfs-Angebot Friedrich-Rauers-Straße im Bremer Koalitionsvertrag beschlossen, parallel zu verstärkten Repressionsmaßnahmen am Hauptbahnhof (26.06.). Wir veröffentlichten ein Positionspapier zur verfehlten Bremer Drogenpolitik (10.07.), während wir uns auf unserem Platz mit Gewaltvorfällen konfrontiert sahen wie einer Großschlägerei mit Messer und Schlagstöcken (11.07.). Die Unterstützung von politischen Vertretern wie der Bundestagsabgeordneten der Grünen aus Bremen, Kirsten Kappert-Gonther (3.9.), half, unsere Anliegen zu vermitteln. Regelmäßiges Aufbrechen des Klos und eine Petition aus der Nachbarschaft (19.10.) zeigten die Dringlichkeit des Problems. Besorgniserregende Ereignisse waren das Abbrennen von (27.11.) sowie das Auftauchen von Nazi-Parolen am Container (30.11.), dem wir mit einer Stellungnahme auf dem Winterbasar (3.12.) und einer kooperativen Kundgebung mit 250 Menschen (4.12.) entschlossen entgegentraten. Schließlich wurden erfreulicherweise Maßnahmen beschlossen, darunter die Bereitstellung eines neuen Containers im Hohentorspark Höhe Justitiapark inkl. verstärkter Hilfsangebote (7.12.) und die Zusage von 10 Millionen Euro für Drogenhilfe in Bremen für die Jahre 2024/25 (13.12.).
Diese Zusammenfassung soll verdeutlichen, dass neben unserem Gartenprogramm vor allem die Bewältigung dieser Drogenproblematik und der politischen Arbeit einen erheblichen Teil unserer Arbeit ausmachten.
Unser Ausblick auf 2024 – Das wünschen wir uns für das neue Jahr!
Für das Jahr 2024 erhoffen wir uns eine positive Wahrnehmung unseres Gartens als ökologisches Highlight und überregional bekannter Lernort für alle. Wir möchten unsere Routine weiterführen können, unterstützt von bekannten und neuen Gesichtern, und setzen uns für ein gesundes Ehrenamt mit einem realistischen Blick auf die Herausforderungen ein. Gleichzeitig begleiten wir die Entwicklungen der Bremer Drogenpolitik sowie den neuen Standort des Containers.