Vogel mit Wurm

Eine Praline für die Neustadt?

Wir fordern einen anderen Umgang mit dem Hachez-Gelände

Die Neuplanung des Hachez-Geländes direkt gegenüber der Lucie ist in vollem Gange. Das neue Herz der Neustadt soll gemeinwohlorientiert und umweltbewusst erscheinen – wird aber voraussichtlich vor allem teuer. Gemeinsam mit der Initiative Schokotopia haben wir nun in Form eines Bürger*innenantrags Vorschläge für ein Vorgehen gemacht, das auch wirklich der Neustadt und ihren Bewohner*innen zu Gute käme.

Bürger*innenantrag zum Umgang mit dem Hachez-Gelände

Hier zum Download als Pdf

Das Hachez-Gelände wurde im Laufe des bisherigen Beteiligungsverfahrens berechtigterweise als “Herz der Neustadt” bezeichnet: Die Lage des Quartiers ist zentral und bildet einen potentiellen Knotenpunkt im zukünftigen Stadtteilleben. Auch deswegen hat die Entwicklung dieses Geländes einen Symbolcharakter.

Am Hachez-Quartier deutet sich an, dass trotz jahrelanger, intensiver zivilgesellschaftlicher Bemühungen um das Gelände wieder große Investoren zum Zuge kommen werden, die das Wohl des Stadtteils prinzipiell erst deutlich nach der eigenen Profitmarge ins Auge fassen. Am aktuell geplanten Vorgehen kritisieren wir deutlich:

  1. Den Verkauf des Geländes erfolgt erst nach der Bebauungsplanänderung und damit nach einer deutlichen Wertsteigerung: Die durch die Bebauungsplanänderung erwartbare deutliche Wertsteigerung kommt nicht der Gesellschaft zugute, sondern allein der Inhaberin. Dies ist nicht im Sinne der Bremischen Landesverfassung, dort heißt es in Artikel 45 Ziffer 4: „Grundbesitz ist der Spekulation zu entziehen. Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.“
  2. Den aktuell angekündigten Verzicht der Stadt auf das erst kürzlich beschlossene Vorkaufsrecht: Die Stadt Bremen könnte unabhängig von der Frage wer das Gelände bebaut zumindest die Grundstücksfläche erwerben und anschließend per Erbpacht an genossenschaftliche Projektträger vermitteln, die im langfristigen Interesse des Stadtteils
    agieren (z. B. Gewoba oder von Bürger*innen getragene Genossenschaften wie die Stadtteilgenossenschaft Hulsberg).
  3. Die Entwicklung des Geländes durch bekanntermaßen hochpreisige Firmen wie Cobe und R.C. Spies: Es ist absehbar, dass hochpreisige Wohn- und Gewerbeflächen entstehen werden, die für die Mehrheit der aktuellen Neustädterinnen nicht erschwinglich sein werden. Dabei geht es explizit nicht nur um die Schaffung von Sozialwohnungen, sondern auch um Wohnungen zu Preisen knapp über diesem Preissegment.

Wir wünschen uns, dass die Neustadt auch in Zukunft so bunt und vielseitig, kooperativ, gemeinwohlorientiert und umweltbewusst bleiben kann, wie sie jetzt ist und wie wir sie aktiv mit Herz und Hand mitgestalten. Doch während auf der einen Seite gemeinwohlorientierte und umweltbewusste Kulturprojekte aus dem Boden sprießen (Lucie, Dete, Kukoon, Irgendwo, KlimaWerkStadt u.a.), fehlt gleichzeitig Raum für Gruppen und Initiativen. Wer heute in der Neustadt wohnt und seinen Wohnraum wechseln möchte oder muss, kann nicht davon ausgehen, im Stadtteil bleiben zu können. Als Resultat werden einkommensschwächere Menschen aus der Neustadt verdrängt. Davon betroffen sind insbesondere Familien.

Andere Städte handeln bereits: München, Zürich, Hamburg kaufen aktiv Flächen an und stellen diese für genossenschaftlichen Bebauung zur Verfügung. Dies ist auch in Bremen bekannt. Entsprechende Akteure wurden zu den Bremer Wohntagen 2018 geladen wurden, um Ansätze für zeitgemäße städtische Wohnpolitik auch für Bremen vorzustellen. Auch gibt es mit der Bebauung der Waller Mitte durch genossenschaftlich organisierte Wohngruppen oder mit dem Hulsberg Quartier erste Positivbeispiele. Davon braucht es mehr!

Bremen hat mit dem Hachez-Gelände eine einmalige Gelegenheit, sich ein Beispiel zu nehmen und auch aktiv eine zentrale Fläche für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung zu sichern, auch im eigenen strategischen und finanziellen Interesse. Wir wissen, dass auch viele Neustädterinnen und auch andere Bremer*innen bereit sind, sich aktiv und finanziell – auch als sinnhafte Kapitalanlage vor Ort – an der Entwicklung eines gemeinwohlorientierten Quartiers im Herzen der Neustadt zu beteiligen. Bremen darf diese Chance nicht verschlafen.

Daher fordern wir den Beirat Neustadt mit diesem Bürgerinnenantrag auf:

Erinnern Sie die Bremer Politik an ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, z.B. zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum, Stärkung von Genossenschaften und einer städtischen Bodenstrategie (1): “Wir werden die städtische Verfügung über Grund und Boden im Sinne einer strategischen Bodenbevorratung deutlich ausbauen, auch durch intensivere Nutzung von gemeindlichen Vorkaufsrechten.”

Setzen Sie sich dafür ein, dass strategische Fehler, wie die Bebauungsplanänderung vor dem Grundstücksverkauf vermieden werden.

Weisen Sie als Beirat der Neustadt auf den im Dezember 2020 beschlossenen “Stadtentwicklungsplan Wohnen Bremen 2030” (STEP) hin, laut dem “Wohnungsmarktakteurinnen wie Genossenschaften und Baugemeinschaften in vielen Fällen besondere soziale und/oder kulturelle Leistungen und somit positive Impulse für die Quartiere erbringen” und “ein wichtiger Baustein der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus” seien. Im STEP wird die Flächenbevorratung durch die Stadt als strategegische Maßnahme festgelegt und das Hachez-Gelände explizit als Leitprojekt benannt (S. 13, Handlungsfeld A2), in dem Ankäufe getätigt werden sollen.

Fordern Sie die Umsetzung der im STEP konkret empfohlenen Strategie der Bodenbevorratung, indem das Vorkaufsrecht zumindest für einen Teil des Geländes ausgeübt wird. Auch die Vergabe von Grundstücken in Erbpacht wird im STEP ausdrücklich als Strategie beschrieben, um “bezahlbares Wohnen und gemischte Sozialstrukturen” zu erreichen (S. 25, Handlungsfelder C6 und C7).

Setzen Sie sich dafür ein, dass zumindest Teilflächen des Hachez-Geländes explizit an genossenschaftliche Träger verkauft werden und somit der Entwicklung hin zu hochpreisigen und dadurch für viele Bewohner*innen des Stadtteils ungeeignete Bebauung entgegengewirkt wird.

Unterstützen Sie so das zivilgesellschaftliche Engagement im Stadtteil, das sich schon lange und intensiv für ein zukunftsfähiges und soziales Miteinander einsetzt. Fordern Sie mit uns die Nutzung des städtischen Vorkaufsrechtes für den Ankauf von (Teil-)Flächen des Hachez-Geländes – auf dem voraussichtlich städtische Mieterinnen wie das Ortsamt einziehen werden – sowie die Vergabe von Teilen dieser städtischen Flächen in Erbpacht an genossenschaftliche Träger und zwar jeweils vor der Wertsteigerung der Fläche durch die Bebauungsplanänderung.


Unterzeichner*innen:
Schokotopia und KulturPflanzen e.V. (Trägerverein von Ab geht die Lucie und KlimaWerkStadt)

Quellenangaben:

1) S. 33, siehe https://spd-land-bremen.de/Binaries/Binary_6302/Koalitionsvereinbarung-RGR-2019-2023-mitUfinal.
pdf
2) S.25, siehe: https://www.bauumwelt.bremen.de/stadtentwicklung/stadtentwicklung/step-wohnen-74622